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Eingehungsbetrug
Beim Eingehungsbetrug handelt es sich um einen Betrug, bei dem der Schaden durch einen betrügerischen Abschluss eines Vertrags und Begründung einer wirtschaftlich minderwertigen Verbindlichkeit eintritt. Vollendet ist der Eingehungsbetrug, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Verpflichtungsgeschäfts feststeht, dass der durch Täuschung erlangten Verpflichtung bzw. Vermögensverfügung eine irrtumsbedingte unerkannt nur minderwertige Gegenleistung gegenübersteht.
Zum sog. Anstellungsbetrug, der ein Unterfall des Eingehungsbetruges ist, siehe etwa BGH, Beschl. v. 21.08.2019 – 3 StR 221/18, NStZ 2020, 291 = L&L 2020, 177:
„b) Die zu Fall II.10. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen Betruges nicht.
aa) Danach bewarb sich die Angeklagte, die ausgebildete Krankenschwester ist und diesen Beruf in der Vergangenheit bei häufig wechselnden Arbeitgebern ausgeübt hatte, bei der Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen als Krankenpflegerin. Dabei gab die vielfach wegen Betrugstaten vorbestrafte Angeklagte wahrheitswidrig an, nicht vorbestraft zu sein und von 1996 bis 2014 durchgehend in einem Krankenhaus in Frankfurt am Main gearbeitet zu haben. Sie wurde ab dem 2. Mai 2016, befristet bis Ende Februar 2017, in der Justizvollzugsanstalt als Krankenpflegerin eingestellt.
Das Landgericht hat das Verhalten der Angeklagten als Betrug gewertet, weil die Angeklagte über charakterliche Mängel getäuscht und nur deshalb eine Stelle im öffentlichen Dienst erhalten habe, die derjenigen eines Beamten gleichstehe.
bb) Diese Bewertung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen weder, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe der Justizvollzugsanstalt bzw. dem Land Nordrhein-Westfalen ein irrtumsbedingter Vermögensschaden entstanden ist, noch, ob die Angeklagte mit dem erforderlichen Schädigungsvorsatz und in der Absicht rechtswidriger Bereicherung handelte.
Nach der bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass sich unter dem Gesichtspunkt des sog. Anstellungsbetruges gemäß § 263 StGB strafbar machen kann, wer durch wahrheitswidrige Angaben eine Anstellung im öffentlichen Dienst erschleicht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 – 5 StR 193/98 , BGHSt 45, 1 mwN; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1998 – 2 BvR 1385/95 , NJW 1998, 2589). Es kann dahinstehen, ob an den dazu entwickelten Grundsätzen vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Anforderungen an die Feststellung eines Vermögensschadens gestiegen sind, festgehalten werden kann. Denn hier tragen die Feststellungen schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung die Annahme eines Vermögensschadens nicht. Im Einzelnen:
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt:
Der Anstellungsbetrug ist ein Unterfall des Eingehungsbetruges, bei dem der Eintritt eines Vermögensschadens wie auch sonst nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise so zu ermitteln ist, dass ein Vermögensvergleich bezogen auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung, das heißt der Anstellungsentscheidung beziehungsweise des Vertragsschlusses, vorzunehmen ist. Dabei ist der Wert der gegenseitigen Ansprüche zu vergleichen. Wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des Täuschenden (bei Beamten die Amtsführung, bei Angestellten die zu erbringende Arbeitsleistung) hinter dem Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung durch den Getäuschten (Dienstbezüge, Arbeitsentgelt) zurückbleibt, erleidet der Getäuschte einen Vermögensschaden. Da die Vertragspflichten bei Vertragsschluss – nicht aber die künftig erbrachten Leistungen im Rahmen der Vertragsführung – gegenüberzustellen sind, handelt es sich um einen aus ex-ante Sicht zu beurteilenden Gefährdungsschaden, der schadensgleich sein muss, um einen Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB zu begründen. Die nach Vertragsschluss erbrachten Leistungen können bei der Beurteilung der Frage, ob bei Vertragsschluss eine Vermögensgefährdung eingetreten war, als Indiz herangezogen werden ( BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 – 5 StR 193/98 , BGHSt 45, 1, 4 f. mwN). Insoweit bestehen Unterschiede bei der Beurteilung von Beamten (sog. Amtserschleichung) und Angestellten.
In den eine Beamtenstellung betreffenden Fällen ist im Hinblick auf den Eintritt eines Vermögensschadens zwischen der fehlenden fachlichen Eignung und der fehlenden persönlichen Eignung zu unterscheiden. Täuscht der Beamte über für das Amt rechtlich unerlässliche Anforderungen an die fachliche Qualifikation, die nach Gesetz oder Verwaltungsvorschrift notwendige Voraussetzung für die Anstellung oder eine Beförderung ist, fehlt es regelmäßig an der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Der Beamte gilt als für sein Amt untauglich, auch wenn er zufriedenstellende dienstliche Leistungen erbringt, weil er – unter rechtlichen Gesichtspunkten – keine gleichwertige Gegenleistung für die ihm gewährten Bezüge zu erbringen vermag. Gleiches gilt für falsche Angaben zum Lebensalter und zur Laufbahn, wenn er infolgedessen unberechtigt ein höheres Gehalt erlangt.
Täuscht der Beamte hingegen über Umstände seiner persönlichen Eignung, die für das Amt unerlässlich sind, kommt es für das Vorliegen eines Vermögensschadens – wiederum unabhängig von der Qualität der erbrachten Leistungen – darauf an, ob die Täuschung Umstände betrifft, die der Einstellung des Täters rechtlich entgegenstehen. Wenn der Beamte wegen fehlender persönlicher Eignung nicht hätte eingestellt werden dürfen oder hätte entlassen werden müssen, ist demgemäß ein Vermögensschaden anzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 1999 – 5 StR 193/98 , BGHSt 45, 1, 6 f. mwN).
Auf private Anstellungsverhältnisse sind die für Beamte entwickelten Maßstäbe grundsätzlich nicht übertragbar (so schon RG, Urteil vom 13. Juli 1939 – 3 D 472/39, RGSt 73, 268). Ein Vermögensschaden wird in solchen Fällen in erster Linie danach bemessen, ob der Angestellte die Leistungen erbringen kann, die nach seiner gehaltlichen Eingruppierung oder dem Anstellungsvertrag von ihm erwartet werden dürfen ( BGH, Urteil vom 5. Januar 1951 – 2 StR 29/50 , BGHSt 1, 13, 14 f. ). Dabei ist es unerheblich, ob der Angestellte von einem Privaten oder von der öffentlichen Hand beschäftigt wird.
Ausnahmsweise sind die für Beamte entwickelten Grundsätze dann anzuwenden, wenn die dem Dienstverpflichteten gestellten Aufgaben eine besondere Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit erfordern und mit Rücksicht darauf die Bezahlung höher ausfällt oder wenn Anstellung und Höhe der Bezüge – ähnlich wie bei Beamten – eine abgeschlossene Ausbildung voraussetzen oder von Art und Dauer früherer Beschäftigung abhängen ( BGH, Urteile vom 21. Juli 1961 – 4 StR 93/61 , NJW 1961, 2027, 2028; vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62 , BGHSt 17, 254, 256 ). Darüber hinaus ist ein Gefährdungsschaden darin zu sehen, dass ein Angestellter erhebliche Vorstrafen wegen Vermögensdelikten verschwiegen hatte und in der neuen Stellung über Vermögen des Arbeitgebers verfügen konnte ( BGH, Urteil vom 9. Mai 1978 – 1 StR 104/78 , NJW 1978, 2042).
Daraus folgt – worauf allerdings die Strafkammer vorliegend abgestellt hat -, dass bei privaten Anstellungsverhältnissen ein Vermögensschaden nicht schon deshalb anzunehmen ist, weil der Getäuschte den Täter ohne die Täuschung nicht eingestellt hätte (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. November 2010 – III-3 RVs 145/10 ,StV 2011, 734). Da die Angeklagte keine besondere Vertrauensstellung im Hinblick auf das Vermögen ihres Arbeitgebers erlangte, konnten die von ihr verschwiegenen vermögensrechtlichen Vorstrafen einen Vermögensschaden ebenfalls nicht begründen. Zudem ist die vom Landgericht vorgenommene Gleichstellung der Position einer Krankenpflegerin in einer Justizvollzugsanstalt mit einer Beamtenstellung fehlerhaft. Allein der Umstand, dass der Staat hier Arbeitgeber war, rechtfertigt eine solche Gleichstellung gerade nicht. Dass die von der Angeklagten als Krankenpflegerin in der Justizvollzugsanstalt erbrachten Arbeitsleistungen nicht von der geforderten Qualität waren und dies den Schluss zulässt, dass diese Gefahr bereits bei Vertragsschluss bestand, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen und liegt vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung als Krankenschwester auch nicht nahe. Aus der besonderen Sensibilität des Anstellungsortes mag sich ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers ergeben haben, dort zur Aufrechterhaltung der nötigen professionellen Distanz zu den Inhaftierten nur unbestrafte Personen anzustellen. Ein Vermögenswert wird dadurch jedoch nicht tangiert. Ebenso wenig stellen das Ansehen der Vollzugsanstalt oder die Lauterkeit ihrer Angestellten einen Vermögenswert dar (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62 , BGHSt 17, 254, 258 f. ). Schutzgut des § 263 StGB ist das Vermögen, nicht jedoch die Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers.
(2) Belegen die Urteilsgründe danach schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Annahme eines Vermögensschadens nicht, so gilt dies erst recht vor dem Hintergrund der diesbezüglichen neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach ist es geboten, den eingetretenen Schaden konkret zu beziffern und darzulegen und dabei dessen primär wirtschaftlichen Charakter im Blick zu behalten. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden zwar berücksichtigt werden, dürfen aber die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht überlagern oder verdrängen, um dem Charakter des Betruges als Vermögensdelikt gerecht zu werden ( BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 43 f., 47 ff.). Von einfach gelagerten und eindeutigen Fallgestaltungen abgesehen, bedeutet dies, dass der Schaden der Höhe nach zu beziffern und seine Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darzulegen ist ( BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 211 f.; BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 3 StR 115/11 , BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 75 ). Daran fehlt es hier.
(3) Der Schuldspruch wegen Betruges im Fall II.10. der Urteilsgründe war daher aufzuheben. Der Senat hat die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.“
Siehe auch BGH, Beschl. v. 06.03.2018 – 3 StR 552/17 [kein Eingehungsbetrug bei Grundstücksgeschäften durch bloßen Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrags]:
„aa) Eine Vermögensschädigung ist nicht schon mit dem Abschluss des notariellen Vertrages eingetreten.
Im Fall eines erschlichenen Kaufvertrages kann zwar bereits der Vertragsschluss einen Gefährdungsschaden des Verkäufers begründen, wenn seine Gegenforderung (Zahlung des Kaufpreises) aufgrund mangelnder Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des Käufers der gegen ihn entstandenen Forderung (Übereignung und Übergabe der Kaufsache) nicht gleichwertig ist. Das gilt indes grundsätzlich nicht, wenn der Vertrag nur zur Zug-um-Zug-Leistung verpflichtet. Das Leistungsverweigerungsrecht sichert die in ihrer Bonität beeinträchtigte Gegenforderung ( ). Für Grundstücksgeschäfte bedeutet dies, dass in einem notariellen Kaufvertragsschluss noch kein Eingehungsbetrug liegt, wenn – wie im Regelfall – die Eintragung im Grundbuch von der vorherigen Kaufpreiszahlung abhängig ist ( ). Eine Vorleistungspflicht des Verkäufers ist hier nicht festgestellt; in Anbetracht der gegebenen Umstände liegt sie im Übrigen auch fern.
bb) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass der Zeuge L. durch die freiwillige Übertragung des Besitzes an seinem Vermögen geschädigt wurde.
Bei Grundstücksgeschäften, bei denen der Verkäufer im Fall des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung gegen den Verlust seines Eigentums abgesichert ist, kann ein Vermögensschaden zwar auch dadurch entstehen, dass irrtumsbedingt dem Käufer bereits vor Erfüllung seiner Verbindlichkeiten der Besitz eingeräumt wird ( ). Ein solcher Schaden kann in der hiermit verbundenen Vereitelung einer anderweitigen Verwertung des Grundstücks und der dadurch entgangenen Nutzungsmöglichkeit zu sehen sein. Der negative Vermögenssaldo muss jedoch in Form eines ausgebliebenen Vermögenszuwachses konkret bestimmbar sein ( ). Die Urteilsgründe enthalten hierzu keine Feststellungen; selbst die Dauer des vom Angeklagten ausgeübten Besitzes wird nicht mitgeteilt. Die Auflassungsvormerkung ist diesbezüglich ohne Bedeutung.
Ansonsten wirkt die vorübergehende Entziehung des Besitzes für sich gesehen vermögensschädigend nur dann, wenn die betroffene Sache einen wirtschaftlichen Wert hat und entweder – teilweise – abgenutzt oder verbraucht werden soll ( ) oder wenn die konkrete Besitzübertragung im Geschäftsverkehr gewöhnlich an ein Entgelt geknüpft ist (etwa Hotelzimmer) und ein solches nicht erbracht wird ( ). Beide Varianten sind hier nicht gegeben. Weder unterliegt ein bebautes Grundstück bei einer Besitzüberlassung von maximal neun Monaten bestimmungsgemäß der Abnutzung oder dem Verbrauch, noch war nach den Feststellungen für die vorzeitige Übergabe eine geldwerte Gegenleistung vereinbart; dies ist bei einem Grundstückskauf auch nicht üblich.“
(Letzte Aktualisierung: 19.05.2020)
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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt