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Strafrecht/Strafprozessrecht

Bedingter Vorsatz

Zum bedingt vorsätzlichen Handeln hat sich der BGH wie folgt geäußert (BGH, Urt. v. 14.01.2016 – 4 StR 72/15):

Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner, dass er ihn billigt oder sich des erstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Dabei genügt es für eine vorsätzliche Tatbegehung, dass der Täter den konkreten Erfolgseintritt akzeptiert und er sich innerlich mit ihm abgefunden hat, mag er auch seinen Wünschen nicht entsprochen haben.

BGH, Urt. v. 22.11.2018 – 1 StR 560/18:

„a) Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner, dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Da die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng beieinanderliegen, müssen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement, umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (…). Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegt es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne durch diese zu Tode kommen und – weil er gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt -auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Deshalb ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen des Täters auf bedingten Tötungsvorsatz zwar grundsätzlich möglich. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalls, in welche vor allem die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage mit einzubeziehen sind (…).“

Siehe auch BGH, Urt. v. 16.11.2017 – 3 StR 315/17, NJW 2018, 1411 [bedingter Tötungsvorsatz im Falle der Anstiftung zum Inbrandsetzen eines Wohnhauses]:

„1. Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt (Wissenselement) und dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet (Willenselement). Beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement, müssen in jedem Einzelfall umfassend geprüft, durch tatsächliche Feststellungen belegt und in eine individuelle Gesamtschau einbezogen und bewertet werden (vgl. BGH, Urteile vom 20. September 2012 – 3 StR 140/12, NStZ-RR 2013, 75, 77; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525; vom 23. Februar 2012 – 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444; vom 28. Januar 2010 – 3 StR 533/09, NStZ-RR 2010, 144, 145; vom 27. August 2009 – 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372). Begeht der Täter eine das Leben Dritter in hohem Maße gefährdende Tat oder veranlasst er – wie hier – eine solche, so liegt es – vorbehaltlich in die Gesamtbetrachtung einzustellender gegenläufiger Umstände des Einzelfalls – nahe, dass er den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Tuns erkennt und, da er gleichwohl sein gefährliches Handeln beginnt oder fortsetzt, den Todeserfolg auch billigend in Kauf nimmt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 360/11, NStZ 2012, 207, 208 mwN). Kann das Tatgericht auf der Grundlage der gebotenen Gesamtbewertung aller Umstände Zweifel an der subjektiven Tatseite nicht überwinden, so hat das Revisionsgericht dies zwar regelmäßig hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatgericht übertragen (§ 261 StPO). Das Revisionsgericht hat indes zu prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 6. August 2015 – 3 StR 226/15, juris Rn. 5; vom 2. April 2015 – 3 StR 635/14, juris Rn. 3).“

(Letzte Aktualisierung: 04.03.2019)

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