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Wettbewerbsverbot
Ein Wettbewerbsverbot ist die Einschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit aufgrund von Rücksichtnahmepflichten aus einem bestehenden oder beendeten Vertragsverhältnis. Es ist zu unterscheiden zwischen dem während der Dauer eines Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbot und dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.
Während der Dauer eines Arbeitsverhältnisses besteht gemäß § 60 HGB (Handelsgesetzbuch) ein gesetzliches Wettbewerbsverbot. Einer gesonderten Vereinbarung bedarf es daher grundsätzlich nicht. Demnach darf ein Arbeitnehmer bzw. Handlungsgehilfe ohne Einwilligung des Prinzipals/Arbeitgebers in dessen Geschäftsbereich weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in diesem Bereich für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.
Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet die Pflicht des Arbeitnehmers zur Einhaltung eines Wettbewerbsverbots. Der Arbeitnehmer kann daher unmittelbar nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses seinem Arbeitgeber Konkurrenz machen. Vor einem solchen Verhalten kann sich der Arbeitnehmer nur durch Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots schützen. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich in den §§ 74 ff. HGB, die durch § 110 GewO (Gewerbeordnung) nunmehr für alle Arbeitsverhältnisse anwendbar sind. Diese sehen vor, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot der Schriftform gemäß § 126 BGB bedarf und die Vertragsurkunde an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden muss.
Inhaltlich unterliegt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot engen Voraussetzungen. Gemäß § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB darf es eine Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten, der gegenständliche Verbotstatbestand muss zumindest bestimmbar umschrieben werden und es muss gemäß § 74 Abs. 2 HGB eine Karenzentschädigung in einer Mindesthöhe von 50 % der vom Arbeitnehmer vertragsgemäß bezogenen Leistungen zugesagt werden. Da das nachvertragliche Wettbewerbsverbot den Arbeitnehmer in der nach Art. 12 GG (Grundgesetz) geschützten Berufsfreiheit erheblich einschränken kann, muss ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Einhaltung des Wettbewerbsverbots bestehen und es muss angemessen sein, d. h. es sollte räumlich eingeschränkt werden. Bundesweite oder europaweite Wettbewerbsverbote werden nur in Einzelfällen wirksam sein. Je umfassender ein Wettbewerbsverbot ist, desto höher muss die zugesagte Karenzentschädigung sein, um die Abrede als wirksam anzuerkennen.
Ein Wettbewerbsverbot kann nichtig oder unverbindlich sein. Nichtig ist ein Wettbewerbsverbot z. B. dann, wenn keine Karenzentschädigung vereinbart wurde, das Schriftformerfordernis nicht eingehalten oder das Wettbewerbsverbot mit einem Minderjährigen vereinbart wurde. Unverbindlich ist ein Wettbewerbsverbot z. B. dann, wenn die Abrede Klauseln enthält, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst zu entscheiden, ob er auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots besteht oder die es ihm ermöglichen, auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten. Ein solches bedingtes Wettbewerbsverbot ist für den Arbeitnehmer unverbindlich. Er kann aber wählen, ob er an dem Verbot festhält und die Karenzentschädigung in Anspruch nimmt oder ob er eine Konkurrenztätigkeit ausüben will. Dieses Wahlrecht muss bei Beginn der Karenzzeit ausgeübt werden.
LAG Berlin, Urt. v. 10.12.2019 – 11 Sa 1573/19 m. Anm. Wittek in DB 2020, 1406 [aus den Entscheidungsgründen]:
„3. Der Klägerin steht für den streitbefangenen Zeitraum eine Karenzentschädigung in Höhe von insgesamt 48.816,- Euro zu.
a) Die Karenzentschädigung beträgt nach § 74 Abs. 2 HGB, auf die in § 11 Nr. 4 des Arbeitsvertrages verwiesen wurde, die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung. Der Berechnung der Karenzentschädigung ist somit gemäß § 74 Abs. 2 HGB die zuletzt bezogene vertragsmäßige Leistung, das zuletzt bezogene Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. ( ). Als vertragsmäßig im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB ist eine Leistung anzusehen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruht und als Vergütung für die geleistete Arbeit erbracht wird. Ausgangspunkt für die Bestimmung der „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“ im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB ist alles, was der Arbeitnehmer in der fraglichen Zeit als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhalten hat ( ). Auch Jahresvergütungen, Gratifikationen, zusätzliche Urlaubsgelder, Tantiemen und ähnliche Sonderzuwendungen zählen hierzu ( ).
Die Vergütung der Klägerin beim Beklagten war umsatzabhängig und variabel ausgestaltet. Eine Berechnung ist daher hier anhand des dreijährigen Bezugszeitraums gemäß § 74b Abs. 2 Satz 1 HGB vorzunehmen. In den Anwendungsbereich des § 74b Abs. 2 HGB fallen Einkommensarten, die von ständig wechselnden äußeren Umständen abhängen ( ). Dies betrifft die gesamte Vergütung der Klägerin, die ausschließlich vom erzielten Umsatz nach den im Arbeitsvertrag geregelten Umsatzstaffeln abhängig war. Diese wechselnden Bezüge der Klägerin sind gemäß § 74b Abs. 2 HGB, da das Arbeitsverhältnis keine drei Jahre bestanden hat, nach dem Durchschnitt der wechselnden Bezüge im Verlauf des 25-monatigen Arbeitsverhältnisses in Ansatz zu bringen. Im Verlauf der 25 Monate hat die Klägerin variable Leistungen in Höhe von insgesamt 203.413,41 Euro bezogen. Dies bedeutet monatlich im Durchschnitt einen Betrag in Höhe von 8.136,54 Euro, woraus sich eine Karenzentschädigung (50%) von monatlich 4.068,27 Euro brutto ergibt. Da die Klägerin jedoch nur einen Betrag in Höhe von monatlich 4.068,- Euro geltend macht und nach § 308 Abs. 1 ZPO nicht mehr als beantragt zugesprochen werden darf, konnte nur die Forderung der Klägerin in Höhe von 4.068,- Euro berücksichtigt und zugesprochen werden.
b) Anderweitiger Erwerb im Sinne des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB – hier Altersrente, Zusatzversorgung und Einkommen ab August 2018 – führt zu keiner Herabsetzung. Auf Karenzentschädigungen sind gesetzliche Altersrenten und Ruhegehälter nicht anzurechnen ( ). Im Übrigen erreichen die Einkünfte der Klägerin aus Karenzentschädigung und erzieltem Einkommen (1.500,- Euro) die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB in Höhe von 110% der bisher bezogenen Vergütung (8.136,- Euro + 10% = 8.949,60 Euro) nicht.
4. Die Karenzentschädigung ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch fällig. Denn die Klägerin hat ihre Auskunftspflicht mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 erfüllt. An diesem Tag hat die Klägerin umfassend und ausreichend die Auskunft gemäß § 74c Abs. 2 HGB erteilt. Nach § 74c HGB hat die Klägerin sich auf die Karenzentschädigung dasjenige anrechnen zu lassen, was sie während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung ihrer Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Gemäß § 74c Abs. 2 HGB ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber auf Verlangen über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen. Aus dieser gesetzlichen Konstruktion ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers. Solange der auskunftspflichtige Arbeitnehmer die geschuldeten Angaben nicht mitgeteilt hat, muss der Arbeitgeber keine Karenzentschädigung zahlen ( ). Gemäß § 74c Abs. 2 HGB ist „Auskunft“ zu erteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Auskunftsanspruch auf die Dauer der Bezugsberechtigung bezieht. Die Klägerin muss also Auskunft über den Verdienst für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 erteilen.
Welchen Umfang diese Auskunftspflicht erreicht, richtet sich nach § 242 BGB, also nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Der Auskunftsanspruch soll dabei den zur Zahlung von Karenzentschädigung verpflichteten Arbeitgeber in die Lage versetzen, festzustellen, ob sein früherer Arbeitnehmer anrechenbares anderweitiges Einkommen bezieht. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In vielen Fällen kann es ausreichen, wenn der Entschädigungsberechtigte erklärt, welche für eine Anrechnung in Betracht kommenden Einkünfte er erzielt hat. Damit braucht das Auskunftsbegehren aber nicht erschöpft zu sein. Hat der Entschädigungspflichtige Zweifel daran, ob die Angaben zutreffen, so kann er in aller Regel von dem Auskunftspflichtigen verlangen, dass er seine Angaben belegt ( ). Teilweise wird es für ausreichend erachtet, die Auskunft ohne konkrete Zahlen auf die Aussage zu beschränken, keine anrechenbaren Einkünfte zu beziehen ( ). Teilweise wird neben der Angabe der Einkommenshöhe lediglich die Nennung des neuen Arbeitgebers verlangt ( ). Anerkannt in der Rechtsprechung ist, dass der Arbeitnehmer, der unselbständige Einkünfte erzielt, Lohn und Gehaltsabrechnungen vorzulegen hat. Wenn das der Anrechnung unterliegende Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung fließt, bilden Lohnstreifen, Gehaltsabrechnungen oder die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte meistens eine verlässliche Grundlage, um die Erklärungen zu bestätigen, die der Entschädigungsberechtigte über seine Bezüge abgegeben hat. Ihre Vorlage ist auch zumutbar und leicht durchzuführen; schützenswerte Belange des ohnehin zur Offenbarung seines Einkommens verpflichteten Entschädigungsberechtigten werden dadurch in der Regel nicht berührt ( ).
a) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stand dem Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen fehlender oder unzureichender Auskunftserteilung nur bis zum 9. Oktober 2018 zu. Die Klägerin behauptet Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung bei dem Zahnarzt Dr. M. in Höhe von monatlich 1.500,- Euro. Hinsichtlich der abhängigen Beschäftigung ist es erforderlich aber auch ausreichend, die Lohabrechnungen vorzulegen. Dies hat die Klägerin getan. Die Klägerin hat vorliegend ihre Auskunftspflicht überobligatorisch und in vollem Umfang erfüllt. Sie hat den Arbeitsvertrag bei ihrem neuen Arbeitgeber, sämtliche Lohnabrechnung für den streitgegenständlichen Zeitraum und die Umsatzstatistik vorgelegt.
b) Der Erfüllung der Auskunftspflicht steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte die erteilten Auskünfte für unglaubwürdig hält. Den Arbeitgeber trifft im Rahmen des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe anrechenbare Bezüge den Anspruch des früheren Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung mindern. Um dies leichter und vor allem ohne Einleitung aufwendiger Überwachungsaktionen prüfen zu können, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach § 74c Abs. 2 HGB „auf Erfordern“ Auskunft über die Höhe seines Erwerbs erteilen. Inhalt und Umfang des Auskunftsanspruchs richten sich im Einzelfall nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die Auskunft muss daher auch wahrheitsgemäß sein. Anhaltspunkte dafür, dass die Auskünfte der Klägerin nicht der Wahrheit entsprechen, hat der Beklagte aber nicht vorgetragen. Sein Vortrag erschöpft darin, diese für unglaubwürdig zu halten. Anders als er meint, reicht dies für das Entstehen eines Zurückbehaltungsrechts aber nicht aus.
Insoweit verkennt er die Aussage des von ihm herangezogenen Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 2019 (…) und meint, der vorliegende Sachverhalt entspräche der dort entschiedenen Konstellation. In dieser Entscheidung hatte das Bundearbeitsgericht angenommen, der Auskunftsanspruch aus § 74c Abs. 2 HGB werde durch die Vorlage von Einkommenssteuererklärung und Einkommenssteuerbescheid dann nicht erfüllt, wenn die dem Bescheid zugrundeliegenden Angaben von vornherein unglaubhaft sind, auch wenn deren Richtigkeit eidesstattlich versichert wurde. In dem vom Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Fall stand – anders als hier – aber fest, dass die erteilten Auskünfte bzw. die dem vorgelegten Einkommenssteuerbescheid zugrundeliegenden Angaben falsch waren. Gerade dies ist hier nicht der Fall. Es steht gerade nicht fest, dass die Angaben der Klägerin falsch sind. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Vergütung sehr niedrig erscheint. Die Klägerin hat hierfür aber eine Erklärung abgegeben, die der Beklagte nicht widerlegt hat. Sie hat ausgeführt, schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben, sich mehrfach erfolglos beworben zu haben und eigentlich aus reiner Freude an der Arbeit überhaupt einer Beschäftigung nachzugehen. Zudem laufe die Praxis ihres neuen Arbeitgebers nicht sehr gut. Außerdem ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht anrechenbare Altersbezüge erhält und dadurch ihr Lebensunterhalt gesichert ist.
Soweit der Beklagte meint, die Klägerin habe nach wie vor ihre Auskunftspflichten nicht erfüllt, legt sie schon einen rechtlich unzutreffenden Ausgangspunkt zugrunde. Es geht nicht um eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB. Vielmehr richtet sich der Umfang der Auskunft und des Nachweises der Auskunft nach § 242 BGB. Es bedarf also nicht der Übermittlung einer geordneten Aufstellung, sondern der Vorlage von Dokumenten, die verfügbar sind und deren Vorlage zumutbar ist. Es geht nur darum, die Angaben der Klägerin zu verifizieren. Dazu reichen aber die vorgelegten Dokumente aus. Soweit die Beklagte meint, diese Angaben sei unglaubwürdig, ist auch dies unzutreffend. Insoweit spekuliert der Beklagte ohne ausreichende Tatsachengrundlage. Die von ihm herangezogenen Indizien sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Vollständigkeit der Auskunft anzugreifen.
Allein dass die Klägerin deutlich weniger verdient, rechtfertigt keinen weitergehenden Auskunftsanspruch. Es ist der Beklagte, der begründete Zweifel anmelden muss. Dabei übersieht er, dass es die freie Entscheidung des Arbeitnehmers ist, zu welchen Konditionen er eine Arbeitsstelle antritt. Der (alte) Arbeitgeber mag es lieber sehen, wenn er durch die Höhe des beim neuen Arbeitgeber erzielten Verdienstes von der Verpflichtung der Zahlung der Karenzentschädigung frei wird. Dieser Gedanke beeinflusst aber nicht den Umfang der Auskunft. Die Klägerin muss keiner Beschäftigung nachgehen. Auch macht es keinen rechten Sinn, von einer bewusst niedriggehalten oder verschleierten Vergütung auszugehen. Denn die Klägerin durfte bis 4.880,- Euro Verdienst erzielen, ohne die Karenzentschädigung zu verlieren.
c) Soweit der Beklagte den Angaben der Klägerin nicht glaubt bzw. diese als unglaubwürdig bezeichnet und meint, die Klägerin halte ihr Einkommen bewusst niedrig, betrifft dies nach Auffassung der Kammer nicht die Frage der Auskunftspflicht, sondern die Frage nach einem böswilligen Unterlassen anderweitigen, anrechenbaren Verdienst. Dafür hat der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte ( ) jedoch außer den geäußerten Zweifeln am Verdienst nichts vorgetragen. Der Arbeitnehmer unterlässt eine anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft böswillig, wenn er eine ihm mögliche und nach den gesamten Umständen zumutbare Tätigkeit nicht aufnimmt ( ). In diesem Fall muss er sich nach den gesetzlichen Bestimmungen fiktive Bruttobezüge anrechnen lassen. An die Böswilligkeit sind allerdings wegen der Freiheit der Arbeitsplatzwahl hohe Anforderungen zu stellen. Eine Böswilligkeit scheidet daher bereits dann aus, wenn der Arbeitnehmer für den von ihm gewählten Berufsweg vernünftige Gründe hat. Der Arbeitnehmer muss seinen Berufsweg auch nicht an den finanziellen Interessen seines früheren Arbeitgebers ausrichten und kann daher mit guten Gründen eine besser dotierte Stelle ablehnen und eine schlechter dotierte Stelle annehmen.
Selbst wenn man annehmen wollte, dass bei einer Eigenkündigung und Annahme einer wesentlich geringer vergüteten Tätigkeit ein Anschein für ein böswilliges Unterlassen spricht und deshalb der Arbeitnehmer vernünftige Überlegungen dazu vorzutragen hat ( ), kann dies hier angesichts der besonderen Umstände nicht unbesehen übertragen werden. Denn zu berücksichtigen ist, dass die Kläger das Alter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat und auch Leistungen aus dem Versorgungswerk der Zahnärzte erhält. Schon allein deswegen ist die Klägerin überhaupt nicht mehr verpflichtet, einer Tätigkeit nachzugehen. Für einen Anspruch auf Karenzentschädigung kommt es nur darauf an, dass der Arbeitnehmer den ihm verbotenen Wettbewerb unterlässt. Abgesehen vom Sonderfall der Verbüßung einer Freiheitsstrafe (§ 74 c Abs. 1 Satz 3 HGB) ist es gleichgültig, aus welchem Grund der Arbeitnehmer sich der Konkurrenz enthält. Das Wettbewerbsverbot verliert seinen Sinn nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer Rente bezieht, da der Arbeitnehmer auch als Rentner noch Wettbewerb treiben kann. Der Anspruch auf Karenzentschädigung entfällt daher auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer sich aus Altersgründen ganz aus dem Arbeitsleben zurückzieht ( ).
Es existieren ansonsten vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine besser dotierte Tätigkeit hätte antreten können. Im Gegenteil hat die Klägerin insoweit unbestritten vorgetragen, sich erfolglos auf mehrere Stellen beworben und sogar eine Vermittlungsagentur mit der Stellensuche beauftragt zu haben.“
BAG, Urt. v. 19.12.2018 – 10 AZR 130/18 [aus den Entscheidungsgründen]:
„Zwar bedarf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 74 Abs. 1 HGB iVm. § 126 Abs. 2 BGB der Schriftform. Ein unter Verstoß gegen die gesetzliche Schriftform vereinbartes Wettbewerbsverbot ist nach § 125 BGB nichtig (BAG 15. Januar 2014 – 10 AZR 243/13 – Rn. 19 mwN, BAGE 147, 128). Auch der auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gerichtete Vorvertrag muss aber schriftlich abgeschlossen werden. Ein Vorvertrag kann allerdings auch dann formlos wirksam sein, wenn der Hauptvertrag der Schriftform bedarf. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Schriftformerfordernis keine Warnfunktion, sondern lediglich Klarstellungs- und Beweisfunktion zukommt (BAG 14. Juli 2010 – 10 AZR 291/09 – Rn. 29, BAGE 135, 116; 17. Dezember 2009 – 6 AZR 242/09 – Rn. 25). Durch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für nachvertragliche Wettbewerbsverbote sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr kommt dem Formzwang vor allem Warnfunktion zu. Der Arbeitnehmer soll vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden (vgl. BAG 14. Juli 2010 – 10 AZR 291/09 – Rn. 29, aaO). Nachdem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und ein hierauf bezogener Vorvertrag denselben Formvorschriften unterliegen, kann aus der gewählten Form kein Anhaltspunkt für die eine oder die andere Auslegung abgeleitet werden.“
BAG, Urt. v. 31.01.2018 – 10 AZR 392/17:
„Die Bestimmungen über das gesetzliche Rücktrittsrecht der §§ 323 ff. BGB finden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die in § 110 GewO, §§ 74 ff. HGB geregelten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote Anwendung. § 314 BGB steht dem nicht entgegen.“
Siehe auch BAG, Urt. v. 10.01.2014 – 10 AZR 243/13:
„Wird bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt, ohne dass eine Mindesthöhe i.S.v. § 74 Abs. 2 HGB vereinbart wird, ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich.“
Nach BAG, Urt. v. 22.03.2017 – 10 AZR 448/15 gilt:
„Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn die Vereinbarung entgegen § 110 GewO i.V.m. § 74 Abs. 2 HGB keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel führt nicht – auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers – zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.“
Abzugrenzen ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot von der entschädigungsfreien nachvertraglichen Schweigepflicht.
(Letzte Aktualisierung: 10.07.2020)
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