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Trennungsunterhalt / Trennungsunterhaltsanspruch
Wenn Ehegatten sich trennen, billigt das Gesetz bis zum Eintritt der Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB zu. Dabei sind die Gründe einer Trennung grundsätzlich unerheblich, wobei im Einzelfall Ausschlussgründe zu beachten sind.
Die Höhe des Trennungsunterhaltes richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und setzt voraus, dass der Unterhaltsberechtigte sich nicht selbst unterhalten kann und der Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig ist.
Nach Scheidung der Ehe kann ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt bestehen.
OLG Hamm, Beschl. v. 23.04.2020 – II-2 UF 152/19 [Trennungsunterhalt bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen]:
„Die tatsächliche Vermutung, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf verwendet worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15.11.2017 – XII ZB 503/16 – FamRZ 2018, 260 ff. und vom 25.09.2019 – XII ZB 25/19 – FamRZ 2020, 21 ff.), kann von dem Unterhaltspflichtigen entkräftet werden. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Unterhaltspflichtige.“
BGH, Beschl. v. 19.02.2020 – XII ZB 358/19 [Entscheidungsgründe]:
„(1) Die Auffassung, dass der Trennungsunterhaltsanspruch nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB ein vorheriges Zusammenleben der Beteiligten voraussetze, findet im Wortlaut der Vorschrift keine Grundlage. Entsprechendes gilt für das Getrenntleben, wie es in § 1567 Abs. 1 BGB definiert wird.
(2) Auch der Regelungszusammenhang legt eine solche einschränkende Auslegung nicht nahe. Auf den Ausschlussgrund der kurzen Ehedauer gemäß § 1579 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird in § 1361 Abs. 3 BGB ausdrücklich nicht verwiesen, obwohl dieses Merkmal – bezogen auf den Zeitpunkt der Trennung – durchaus auch bei noch fortbestehender Ehe geeignet wäre, als Kriterium und Anknüpfung für eine Billigkeitsregelung zu dienen. Die Dauer der Ehe wird aber lediglich in § 1361 Abs. 2 BGB als Kriterium dafür herangezogen, inwieweit (bei Hinzutreten weiterer Umstände) der getrenntlebende Ehegatte darauf verwiesen werden kann, eine eigene Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich dadurch selbst zu unterhalten. Dies steht auch einer Auslegung des § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB dahingehend entgegen, dass der Trennungsunterhaltsanspruch von einem – wenn auch kurzfristigen – Zusammenleben abhängen soll (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1985 – IVb ZR 63/83 – FamRZ 1985, 376, 378 und vom 17. März 1982 – IVb ZR 664/80 – FamRZ 1982, 573, 574).
(3) Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nach Sinn und Zweck der Regelung des § 1361 BGB der getrenntlebende Ehegatte nicht besser stehen soll als der zusammenlebende (MünchKommBGB/Weber-Monecke 8. Aufl. § 1361 Rn. 1). Zwar trifft es zu, dass durch den Trennungsunterhalt grundsätzlich der wirtschaftlich schwächere Ehegatte im Vertrauen auf den Fortbestand der gemeinsamen Planung jedenfalls für eine gewisse Zeit vor nachteiligen Veränderungen der Verhältnisse geschützt, der bisherige eheliche Lebensstandard deshalb möglichst erhalten und in die bisherige Lebensplanung möglichst wenig eingegriffen werden soll. Mit der Eheschließung ist aber ein Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360 a BGB entstanden, auf den die Ehegatten nach §§ 1360 a Abs. 3, 1614 Abs. 1 BGB nicht wirksam verzichten können. Selbst wenn – wie hier – ein Ehegatte faktisch mit der für ihn ungünstigeren Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse dahingehend einverstanden war, dass der andere Ehegatte nichts zu seinem Lebensunterhalt entsprechend den Lebensverhältnissen beider Ehegatten beisteuert, bleibt der bedürftige Ehegatte wie schon im Rahmen des Familienunterhalts auch nach Trennung an dieses Einverständnis nicht gebunden. Daher führt die Geltendmachung von Trennungsunterhalt nicht zu einer Besserstellung des getrenntlebenden Ehegatten.
(4) Da bei der Bemessung des Trennungsunterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen ist, kann sich der besser verdienende Ehegatte seiner Unterhaltsverpflichtung nach § 1361 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, dass er während des Zusammenlebens seinen Unterhalt im Wesentlichen aus seinem Einkommen selbst bestritten und keinen Beitrag zu den Kosten einer gemeinsamen Lebensführung geleistet habe. Wenn der Ehegatte, der das höhere Einkommen erzielt, nichts zum Lebensunterhalt des anderen Teils entsprechend den Lebensverhältnissen beider Eheleute beigesteuert hat, so führt dies nicht zu einer Beschränkung des Unterhaltsbedarfs des Ehegatten mit dem geringeren Einkommen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 1987 – IVb ZR 73/86 – FamRZ 1989, 838, 839).
Ein Trennungsunterhaltsanspruch scheitert auch nicht an fehlenden Bemessungsgrundlagen, wenn die Ehegatten nicht zusammengelebt und getrennt gewirtschaftet haben. Die ehelichen Lebensverhältnisse zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs bemessen sich in erster Linie nach dem verfügbaren Gesamteinkommen. Im Durchschnittsfall ist dabei mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die tatsächliche Lebensgestaltung während der Ehe auch objektiv vernünftigen Maßstäben entspricht. Jedenfalls kann aber der angemessene Bedarf unabhängig davon ermittelt werden, ob die Ehegatten zusammengelebt und/oder gemeinschaftlich gewirtschaftet haben.
(5) Schließlich gibt es keine nur formell bestehende Ehe mit anderen (verminderten) als den gesetzlichen Rechten und Pflichten (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 1994 – XII ZR 220/92 – FamRZ 1994, 558 f.).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann aus der durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3189) herausgestellten stärkeren Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten in §§ 1569 Satz 1, 1574 Abs. 1 und Abs. 2 BGB auch nicht geschlossen werden, dass hinsichtlich des Familien- und Trennungsunterhalts keine Veranlassung bestehe, von der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten abzurücken, wenn sie nicht zusammenleben und getrennt wirtschaften. Auch wenn die Änderung des Unterhaltsrechts sich darauf auswirken kann, unter welchen Umständen vom getrenntlebenden Ehegatten gemäß § 1361 Abs. 2 BGB die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit verlangt werden kann, hat sie aber im Übrigen auf den Familien- und Trennungsunterhalt grundsätzlich keinen Einfluss, da dessen Regelungen unberührt geblieben sind.
ee) Danach ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Dass die Beteiligten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von Anfang an getrennt gelebt und kein gemeinsames Konto geführt haben, steht dem Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin nicht entgegen. Gegen die rechnerische Ermittlung des Trennungsunterhalts erhebt die Rechtsbeschwerde keine Einwendungen.
Der Trennungsunterhaltsanspruch ist auch nicht gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 8 BGB verwirkt. Im Gegensatz zu dem genannten Fall, in dem der Senat eine Verwirkung angenommen hat (Senatsurteil vom 9. Februar 1994 – XII ZR 220/92 – FamRZ 1994, 558 f.), liegt hier schon kein anfängliches Einvernehmen vor, eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht zu begründen. Denn nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts war geplant, dass die Antragstellerin sich nach Paris versetzen lässt und die Ehegatten dort gemeinsam leben. Die Rechtsbeschwerde ist dem nicht entgegengetreten.“
OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.12.2019 – 13 UF 74/15, NZFam 2020, 345:
„Regelmäßig keine Herabsetzung oder Befristung des Trennungsunterhaltes wegen lang dauerndem Scheidungsverfahren ( ).“
OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 12.07.2019 – 4 UF 123/19:
„Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen sind oder zusammengelebt haben ( ) noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen ist ( ).“
Siehe auch OLG Koblenz, Beschl. v. 13.4.2016 – 13 UF 16/16, u. a. veröffentlicht in NJW-RR 2016, 740:
„Die Vorschrift des § 1579 Nr. 1 BGB ist beim Trennungsunterhalt nicht analog anzuwenden. Die Ehedauer spielt im Rahmen des Trennungsunterhalts daher lediglich eine Rolle für die Frage nach der während der Trennungszeit zuzumutenden Erwerbstätigkeit, § 1361 Abs. 2 BGB.“
(Letzte Aktualisierung: 31.08.2020)
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Katrin Kaiser
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht
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