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Catch-all-Klausel
Darunter versteht man eine in der Regel arbeitsvertragliche Regelung, nach der sich der Arbeitnehmer verpflichtet, sämtliche Vorfälle und/oder alle ihm bekanntgewordenen Angelegenheiten des Betriebs umfassend geheim zu halten.
Siehe dazu etwa LAG Köln, Urt. v. 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19:
„Klauseln, die einen Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich rechtmäßig erlangter Kenntnisse uneingeschränkt und unendlich zur Verschwiegenheit verpflichten, stellen eine unangemessene Benachteiligung dar und sind unwirksam.“
In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:
„Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag die Unterlassung der Weitergabe aller Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die der Beklagte im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses bei der Klägerin erfahren hat, verlangt, ist dieser Antrag bereits deshalb abzuweisen, weil es an einer derart weit gehenden nachvertraglichen Verpflichtung des Beklagten fehlt. Die Klägerin hat im Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten die Geheimhaltung aller Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie aller sonstigen, im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft vereinbart. Diese Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht nach § 11 des Arbeitsvertrages über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.
Die Vereinbarung einer derart weiten Geheimhaltungsklausel nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ist nach allgemeiner Ansicht unwirksam. Es handelt sich um eine so genannte Catch-All-Klausel, die den Arbeitnehmer bis an sein Lebensende verpflichten soll, jedwede im Rahmen des bisherigen Arbeitsverhältnisses erlangte Information, vorliegend sogar nicht einmal eingeschränkt auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sondern auf sämtliche im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten und Vorgänge uneingeschränkt geheim zu halten. Die erkennende Kammer folgt insbesondere Vetter/Lehmann in „Der Betrieb“ 2019 Seite 2507, wonach Catch-All-Klauseln über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers hinausgehen und der besonderen Situation des Arbeitnehmers nicht ausreichend Rechnung tragen. Zur gleichen Ansicht gelangt auch Holthausen in NZA 2019 Seite 1377. Danach enthält eine Catch-All-Klausel insbesondere für die Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses eine übermäßige Vertragsbindung, die gemäß § 138 BGB unwirksam ist. Ein berechtigtes betriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung muss sich auf konkrete Daten/Sachverhalte beschränken und muss zudem angeben, wie lange nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses die geheimhaltungsbedürftige Tatsache noch geheim zu halten ist.
Letztlich ist die vorliegende Klausel zumindest als allgemeine Geschäftsbedingung gemäß §§ 310 und 307 BGB unwirksam. Eine Bindung ohne jede zeitliche Beschränkung und ohne inhaltliche Konkretisierung berücksichtigt nicht ausreichend die grundgesetzlich geschützte Rechtsposition des Arbeitnehmers. Der Gesetzgeber hat mit der Zulassung von Wettbewerbsklauseln einen angemessenen Ausgleich ermöglicht, der zudem vorsieht, dass die längste mögliche Bindungsfrist zwei Jahre beträgt und hierfür ein finanzieller Ausgleich zu zahlen ist. Ein inhaltlich und zeitlich uneingeschränktes Geheimnisschutzgebot führt letztlich dazu, dass der ausgeschiedene Arbeitnehmer in erheblicher Weise seine Berufstätigkeit einschränken muss, ohne dass eine zeitliche Grenze absehbar ist und ein finanzieller Ausgleich hierfür geleistet wird. Die vorliegende Klausel kann auch nicht nach dem Blue-Pencil-Test auf bestimmte Sachverhalte eingeschränkt werden, so dass sie für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses letztlich keinerlei Wirkung entfaltet. Damit ist der Arbeitnehmer frei, diejenigen Kenntnisse, die er im Arbeitsverhältnis rechtmäßig erworben hat, nach dem Ende des Vertrags zu nutzen. Nicht verwertbar bleiben nur Kenntnisse, die sich der Arbeitnehmer durch verbotenes Tun angeeignet hat. Hierzu liegt kein Vortrag der Klägerin vor, so dass unstreitig ist, dass der Beklagte seine Kenntnisse im Rahmen seiner Arbeitsaufgaben rechtmäßig erworben hat.
Unabhängig davon, dass eine allgemeine Unterlassungspflicht aus der nachvertraglichen Geheimnisschutz-Klausel des Arbeitsvertrages nicht hergeleitet werden kann, wäre eine solche aber auch zu unbestimmt, um die konkreten Unterlassungspflichten des Beklagten in der Zwangsvollstreckung bestimmen zu können.
Auch soweit die Klägerin im Antrag einzelne, vom Beklagten geheim zuhaltende Dokumente und Daten nennt, ist ein Anspruch nach § 6 GeschGehG nicht gegeben.
Zunächst ist nicht hinreichend glaubhaft, dass die im Einzelnen aufgeführten Daten ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 GeschGehG sind.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Daten nach § 2 Nr. 1 Buchst. a GeschGehG zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Information umgehen, nicht allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind und daher von wirtschaftlichem Wert sind. Unstreitig konnten in Europa 40.000 Sleeves hergestellt werden, die auf den von der Klägerin produzierten Abfüllmaschinen verwendet werden konnten. Ebenso unstreitig wurden in China 300.000 Sleeves hergestellt, die ebenfalls zum Einsatz auf den Abfüllmaschinen der Klägerin gelangt sind und dort zur Verpackung von flüssigen, keimfrei zu haltenden Lebensmitteln eingesetzt werden konnten. Dies spricht dafür, dass die zur Herstellung der Sleeves benötigten Kenntnisse am Markt bekannt sind.
Für die Frage, ob Tatsachen geheim oder am Markt bekannt sind, kommt es dagegen nicht darauf an, ob eine industrielle Fertigung von alternativen Sleeves derzeit wirtschaftlich, also mit Gewinn, durchgeführt werden kann. Dies mag auch daran scheitern, dass die Klägerin sich dadurch vor Konkurrenz geschützt hat, dass sie mit den Abnehmern ihrer Abfüllmaschinen die exklusive Abnahme von Sleeves vereinbart hat, die von der Klägerin produziert werden bzw. eine so große Mindestabnahme vereinbart hat, dass ein anderweitiger Bezug von Sleeves wirtschaftlich für die Abfüller und potentiellen Sleeves-Hersteller uninteressant wird.
Zudem hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass die von Drittanbietern produzierten Sleeves nur deshalb produziert werden konnten und funktionsfähig waren, weil sie bereits unter Bruch von Geschäftsgeheimnissen also wettbewerbswidrig produziert wurden. Der Beklagte hat insoweit ausgeführt, dass die von den Konkurrenten der Klägerin hergestellten Sleeves, die auf den Abfüllmaschinen der Klägerin funktionieren, durch so genanntes Re-Engineering, welches ausdrücklich nach § 3 GeschGehG erlaubt ist, entwickelt wurden.
Durch die Produktion von Sleeves, die auf den Abfüllmaschinen der Klägerin funktionieren, ist damit die den Sleeves zu Grunde liegende Produktionstechnik letztlich bekannt, wenn es zutreffend ist, dass nur die Sleeves, die so gebaut sind, wie die Klägerin sie herstellt, auf den Abfüllmaschinen funktionieren. Zudem ist es nach Ansicht der Kammer in einem sehr gut ausgestatteten physikalischen Labor auch möglich, durch Testreihen mit von der Klägerin produzierten und mit Flüssigkeit befüllt in den Handel gelangten Sleeves, also aus einer fertigen, benutzten Verpackung durch Messen der nach Benutzung vorhandenen physikalischen Eigenschaften zurückzurechnen, welche Eigenschaften die Sleeves unmittelbar nach der Produktion gehabt haben müssen, um nach Verpackung, Transport und Befüllung in dem Zustand zu sein, der nach der Benutzung gemessen wurde. Dass eine solche Messung nicht mit einer (mechanischen) Schieblehre sondern mit modernen digitalen oder optischen Instrumenten erfolgen muss, spielt für die Frage, ob an der Produktion von Sleeves interessierte Kreise diese rekonstruieren können, keine Rolle. Der Einsatz von hochtechnologischen Messgeräten ist in der industriellen Produktion üblich.
Zudem hat die Klägerin auch nicht nachgewiesen, dass gerade die im Antrag enthaltenen besonderen Daten von ihr durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt wurden. Dabei ist insbesondere darzustellen, welches konkrete Geheimhaltungsmanagement die Klägerin insgesamt anwendet, welche konkreten Daten bzw. Spezifikationen im Geschäftsverkehr geheim zu halten sind. Letztlich bedeutet dies nach Inkrafttreten des GeschGehG, dass ein konkretisiertes, auf die einzelnen Geheimnisse speziell abgestelltes Geheimschutz-Management durchgeführt werden muss, um zu beweisen, welche Geheimnisse wie und wie lange welchem Schutz unterlagen und welche Personen hiermit in Kontakt kamen und dabei verpflichtet waren, Geheimnisse der Beklagten zu schützen.“
(Letzte Aktualisierung: 24.08.2020)
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