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Betriebsrat (Kostentragung)
Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. § 40 Abs. 2 BetrVG regelt:
„Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.“
Siehe dazu aus der Rechtsprechung:
LAG Berlin Brandenburg, Beschl. v. 14.04.2021 – 15 TaBVGa 401/21, DB 2021, 1415 [Leitsatz]:
„Bei Anwendung der §§ 129 Abs. 1, 40 Abs. 2 BetrVG kann ein 11-köpfige Betriebsrat verlangen, dass ihm die beantragten Informations- und Kommunikationsmittel (2 Lizenzen durch Durchführung von Videokonferenzen, 2 Headsets, 2 Webcams, 11 Smartphones) zur Verfügung gestellt werden.“
Im Orientierungssatz heißt es:
„§ 40 Abs 2 BetrVG vermittelt dem Betriebsrat keinen Anspruch auf einen Kostenvorschuss in Geld für den Erwerb notwendiger Hard- und Software zur Durchführung von Videokonferenzen. Nach dieser Norm hat ein Betriebsrat nur einen Überlassungsanspruch.“
LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 13.08.2020 – 5 TaBV 25/19 [Zur Frage, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat dreh- und rollbare Bürostühle mit Armlehnen für die Sitzungen zur Verfügung stellen muss]:
„Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang ua. sachliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Zu den sachlichen Mitteln, die der Arbeitgeber für die Sitzungen des Betriebsrats zur Verfügung stellen muss, gehören Stühle in ausreichender Anzahl. Darüber herrscht unter den Beteiligten kein Streit. Den Anspruch auf die erforderliche Bestuhlung des Sitzungsraums hat die Arbeitgeberin erfüllt, indem sie dem Betriebsrat drei dreh- und rollbare Bürostühle sowie sechs Freischwinger zur Verfügung gestellt hat. Mit diesen Freischwingern sind unstreitig die Besprechungsräume der Arbeitgeberin bestuhlt; sie entsprechen dem betriebsüblichen Standard und Ausstattungsniveau (vgl. zu diesem Aspekt Fitting 30. Aufl. BetrVG § 40 Rn. 114; ErfK/Koch 20. Aufl. BetrVG § 40 Rn. 16).
Die Prüfung, ob ein Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Beschwerdekammer folgt, dem Betriebsrat. Die Entscheidung hierüber darf er nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen (vgl. BAG 20.04.2016 – 7 ABR 50/14 – Rn. 15 ff mwN).
In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht geht auch die Beschwerdekammer davon aus, dass es im Streitfall nicht erforderlich ist, den Raum, der für die mehrstündigen Sitzungen des neunköpfigen Betriebsrats genutzt wird, mit weiteren sechs dreh- und rollbaren Bürostühlen mit Armlehnen auszustatten. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, dass Abschnitt 1 der Arbeitsstätten-Richtlinie „Sitzgelegenheiten“ (ASR 25/1) nicht vorschreibt, dass Stühle in Sitzungs- bzw. Besprechungsräumen drehbar, auf Rollen gelagert und mit Armlehnen ausgestattet sein müssen, greift die Beschwerde nicht an. Der Betriebsrat hat seinen Beurteilungsspielraum überschritten, weil er aus Gründen des Gesundheitsschutzes die Ausstattung des Sitzungsraums mit Bürodrehstühlen mit Rollen und Armlehnen für erforderlich gehalten hat. In Abgrenzung zum täglich genutzten Bürostuhl werden Stühle in Besprechungsräumen nur für eine gewisse Zeit verwendet, sie sind nicht auf die räumlich begrenzte und monotone Arbeit am Bildschirm ausgerichtet. Es ist den Sitzungsteilnehmern auch aus Sicht der Beschwerdekammer zuzumuten, den Körper oder den Stuhl zu bewegen, um bspw. bei Präsentationen (mittels Beamer) die Sitzposition zu ändern, um ein optimales Sichtfeld auf die Leinwand zu haben. Bei mehrstündigem Dauersitzen ist kein einleuchtender Grund dafür erkennbar, weshalb der aktive Wechsel der Sitzposition oder das Verrücken der Stühle zu gesundheitlichen oder sonstigen Belastungen der Betriebsratsmitglieder führen sollten. Demgemäß durfte der Betriebsrat die beantragte Bestuhlung mit dreh- und rollbaren Bürostühlen mit Armlehnen nicht für erforderlich halten. Die Beschwerdekammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass sich der Betriebsrat bei seiner Entscheidung allein von übersteigerten Komforterwägungen hat leiten lassen. Soweit der Betriebsrat behauptet, dass die von ihm beantragten Stühle kostengünstiger seien, als die Freischwinger, die ihm die Arbeitgeberin angeboten habe, verkennt er, dass die Freischwinger bereits im Betrieb benutzt werden und nicht neu angeschafft werden müssen.“
BAG, Urt. v. 15.05.2019 – 7 AZR 397/17:
„II. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Die Beklagte ist nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG iVm. § 611 BGB verpflichtet, dem Arbeitszeitkonto des Klägers weitere 15 Stunden und 29 Minuten gutzuschreiben.
- Da das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch verbindlich bestimmt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung. Geleistete Arbeit ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB (seit dem 1. April 2017 § 611a Abs. 2 BGB) in das Konto aufzunehmen. Diese Grundsätze gelten ebenso für Angaben, die ein durch Befreiung von der Arbeitspflicht auszugleichendes Zeitguthaben ausweisen. Auch hinsichtlich dieser Daten hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos und kann bei fehlerhaften Angaben eine Berichtigung verlangen (BAG 26. September 2018 – 7 AZR 829/16 – Rn. 15; 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15 – Rn. 34, BAGE 158, 31; 15. Februar 2012 – 7 AZR 774/10 – Rn. 20).
- Der Kläger hat aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit am 11. Juni 2015, am 20. August 2015 und am 24. September 2015 nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG Anspruch auf Arbeitsbefreiung im Umfang von weiteren 15 Stunden und 29 Minuten und daher auch auf die erstrebte Berichtigung des Arbeitszeitkontos durch eine entsprechende Gutschrift.
- a) Nach 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen nach § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Fällt die Betriebsratstätigkeit eines in Wechselschicht arbeitenden Betriebsratsmitglieds in dessen schichtfreie Zeit, wird sie daher aus betriebsbedingten Gründen außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit durchgeführt (vgl. BAG 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15 – Rn. 36, BAGE 158, 31; 16. April 2003 – 7 AZR 423/01 – zu I 1 der Gründe, BAGE 106, 87; zur Tätigkeit eines Wahlvorstands BAG 26. April 1995 – 7 AZR 874/94 – zu I 1 b der Gründe, BAGE 80, 54).
- b) Hiernach hat der Kläger aufgrund der außerhalb seiner Arbeitszeit erbrachten – unstreitig erforderlichen – Betriebsratstätigkeit am 11. Juni 2015, am 20. August 2015 und am 24. September 2015 nach 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG einen Freizeitausgleichsanspruch im Umfang von weiteren 15 Stunden und 29 Minuten erworben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts musste diese Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder und damit aus betriebsbedingten Gründen iSv. § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG außerhalb der Schicht des Klägers durchgeführt werden.
- c) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger von der Beklagten in der vor der Betriebsratstätigkeit liegenden Nachtschicht nicht zur Arbeit herangezogen, sondern von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wurde. Betriebsratstätigkeit liegt nicht nur dann „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, wenn sie zusätzlich zu der durch Arbeitsleistung oder erforderliche Betriebsratstätigkeit bereits ausgefüllten vertraglichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds geleistet wird (so im Ergebnis bereits BAG 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15 – Rn. 35 ff., BAGE 158, 31; 19. März 2014 – 7 AZR 480/12 – Rn. 23 ff.). Vielmehr kommt es für den Freizeitausgleichsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ausschließlich darauf an, ob die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen zu einer Zeit zu leisten ist, zu der das Betriebsratsmitglied keine Arbeitsleistungen zu erbringen hätte. Das ergibt die Auslegung von § 37 Abs. 3 BetrVG. An der gegenteiligen Auffassung in den Entscheidungen vom 15. Februar 1989 (- 7 AZR 193/88 – zu 2 der Gründe) und vom 7. Juni 1989 (- 7 AZR 597/88 – zu II der Gründe) hält der Senat nicht fest.“
Siehe auch BAG, Beschl. v. 18.03.2015 – 7 ABR 4/13, veröffentlicht u. a. in DB 2015, 1788. Im Orientierungssatz heißt es:
„Der Arbeitgeber hat nur diejenigen Kosten einer anwaltlichen Tätigkeit zu tragen, die auf eine Beauftragung aufgrund eines ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschlusses zurückgehen. Eines Beschlusses bedarf es nicht nur vor der erstmaligen Beauftragung eines Anwalts, sondern grundsätzlich auch, bevor dieser im Namen des Betriebsrats ein Rechtsmittel einlegt. Fehlt ein solcher Beschluss, kann zwar das Rechtsmittel bei entsprechender Verfahrensvollmacht wirksam eingelegt sein. Eine Pflicht zur Tragung der Anwaltskosten für ein Rechtsmittel wird ohne entsprechenden Beschluss jedoch nicht ausgelöst.“
Siehe auch den Beitrag von Schiefer/Borchard in DB 2016, 770 ff.
(Letzte Aktualisierung: 07.07.2021)
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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt