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Abmahnung
Die Abmahnung ist in zahlreichen Fällen zwingende Voraussetzung für eine spätere, arbeitgeberseitige ordentliche, im Einzelfall auch außerordentliche Kündigung. Eine wirksam ausgesprochene Abmahnung besitzt damit einzelfallabhängig eine kündigungsvorbereitende Wirkung.
Eine wirksame arbeitgeberseitige Abmahnung setzt prinzipiell Folgendes voraus: (1.) Eine genaue Beschreibung des dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Fehlverhaltens, (2.) der unzweideutige Hinweis, dass es sich bei diesem Fehlverhalten um eine Pflichtverletzung, d. h. um die Verletzung einer oder auch mehrerer (arbeits-)vertraglicher Pflichten handelt sowie schließlich (3.) die Ankündigung arbeitsrechtlicher Konsequenzen im Wiederholungsfall (insbesondere die Ankündigung einer ordentlichen, ggf. auch außerordentlichen Kündigung). Fehlt es auch nur an einer einzigen der genannten Voraussetzungen, so kann die Erklärung des Arbeitgebers ihre die Kündigung vorbereitende Wirkung nicht entfalten!
Achtung: Bevor eine Abmahnung ausgesprochen wird, sollte immer geprüft werden, ob eine Abmahnung für die an sich gewünschte Kündigung des Arbeitgebers überhaupt notwendige Voraussetzung ist. So ist eine Abmahnung beispielsweise dann gar nicht nötig, wenn die Schwere der dem Arbeitnehmer zur Last gelegten Pflichtverletzung die Fortbeschäftigung des Arbeitnehmers – aus der Sicht des Arbeitgebers – unzumutbar macht. Eine bedeutsame Ausnahme ist auch für den Fall anzunehmen, dass es sich bei dem Betrieb des Arbeitgebers um einen sog. Kleinbetrieb handelt, was freilich nicht ganz unumstritten ist und zudem grundsätzlich nicht für den Fall der außerordentlichen Kündigung gilt.
Nach einer ausgesprochenen Abmahnung kann nicht zugleich und auf denselben Sachverhalt gestützt, eine Kündigung ausgesprochen werden. Die Abmahnung „verbraucht“ die Kündigung.
Will der Arbeitgeber nach ausgesprochener Abmahnung und nach Eintritt eines weiteren kündigungsrechtlich relevante Sachverhalts das Arbeitsverhältnis kündigen, ist gleichwohl für den Regelfall zu prüfen, ob die zuvor ausgesprochene Abmahnung und der nunmehr zu beobachtende Fall der Pflichtverletzung inhaltlich als rechtlich miteinander vergleichbar anzusehen sind (Beispiel: Wird der Arbeitnehmer am Montag wegen Zuspätkommens abgemahnt und telefoniert er am Freitag während der Arbeitszeit übermäßig lange mit Freunden, handelt es sich um zwei unterschiedlich gelagerte Pflichtverletzungen. Die Abmahnung vom Montag wirkt daher grundsätzlich nicht kündigungsvorbereitend).
Beachte aus der Rechtsprechung:
LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 23.11.2018 – 5 Sa 7/17 [Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Artikel 17 Abs. 1 DS-GVO].
Siehe aber auch LAG Sachsen, Urt. v. 31.03.2023 – 4 Sa 117/21 [Leitsatz]:
„Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht kein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Art. 17 I EU-DSGVO hat zu keiner Änderung der Rechtsprechung geführt.“
BAG, Urt. v. 09.09.2015 – 7 ABR 69/13:
„Aus § 78 S. 1 BetrVG folgt kein Anspruch des Betriebsrats auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines seiner Mitglieder. Hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht des betroffenen Betriebsratsmitglieds, das diesem und nicht einem dritten Gremium zusteht.“
LAG Köln, Urt. v. 20.09.2016 – 12 Sa 381/16:
„Eine Abmahnung kann nicht mit der Begründung als rechtswidrig angesehen werden, sie sei unverhältnismäßig, weil der Arbeitgeber als milderes Mittel zunächst eine Ermahnung hätte aussprechen müssen.“
LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.03.2017 – 1 Sa 273/16:
„Auch bei einem leichtsinnigen wiederholten Verstoß gegen die Pflicht zur Sicherung durch Anlegen eines Gurtes bei Begehung eines Krans ist vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung regelmäßig eine einschlägige Abmahnung des Arbeitnehmers erforderlich.“
ArbG Köln, Urt. v. 28.08.2017 – 20 Ca 7940/16: Das ArbG hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer arbeitsrechtlich wirksam abgemahnt werden kann, wenn er während der Arbeitszeit auf einem Dienstcomputer 30 Sekunden lang Fußball schaut.
ArbG Düsseldorf, Urt. v. 12.01.2024 – 7 Ca 1347/23 [Zum Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte]: Der Arbeitgeber muss die Namen von Zeugen für ein (angebliches) Fehlverhalten des Arbeitnehmers nennen, soweit sie ihm bekannt sind.
Die genaue Bezeichnung eines Fehlverhaltens erfordert einerseits, dass der Arbeitgeber den der Abmahnung zugrundeliegenden Sachverhalt konkret darlegt und andererseits, dass er konkret erklärt, aus welchem Grund er das Verhalten des Arbeitnehmers für pflichtwidrig hält. Dabei müssen sich die Anforderungen an die Konkretisierung der in der Abmahnung enthaltenen Rüge an dem orientieren, was der Arbeitgeber wissen kann.
Zum Thema Abmahnung und elektronische Personalakte (ein Recht auf Vergessen?) s. den Beitrag von Nebeling/Lankes in DB 2017, 2542. Mit der Abmahnung als Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung befasst sich zudem Schubert in ArbRAktuell 2023, 334.
Siehe auch unsere Ausführungen zum Stichwort vorweggenommene Abmahnung.
Das Muster einer (arbeitgeberseitigen) Abmahnung finden Sie hier. Einen (Mini-)Podcast zum Thema Abmahnung findet man zudem auf der Website der ETL Rechtsanwälte.
Siehe auch: Ratgeber zum Thema Abmahnung.
(Letzte Aktualisierung: 22.04.2024)
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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt