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Rente wegen Erwerbsminderung / Erwerbsminderungsrente
1. Begriff der Erwerbsminderungsrente
In § 43 SGB VI (Sozialgesetzbuch VI) wird geregelt, welche Renten Personen geltend machen können, die dauerhaft nicht mehr die volle Leistungsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erbringen können. Für Verfahren ab dem 01.01.2001 wird grundsätzlich nur noch zwischen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) und Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) unterschieden.
Die bis zum 31.12.2000 darüber hinaus geregelte Berufsunfähigkeitsrente (§ 240 SGB VI) kommt nur noch in Ausnahmefällen zur Anwendung.
2. Voraussetzungen für die Bewilligung
Für eine Rente wegen Erwerbsminderung sind zwei Kriterien zu unterscheiden: Zum einen müssen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, zum anderen müssen die sozialmedizinischen Voraussetzungen vorliegen.
a) Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
Als versicherungsrechtliche Voraussetzungen werden die Bedingungen bezeichnet, die der Antragsteller im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung erfüllen muss. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind für die volle Rente wegen Erwerbsminderung und für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung identisch.
aa) Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren nach § 50 SGB VI
Unter Wartezeiten werden im Sozialgesetzbuch VI Zeiten bezeichnet, die der Gesetzgeber als anrechenbar für eine Rente definiert. Die Einzelheiten sind verzweigt. Beispielsweise sind nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 a SGB VI i.V.m. § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI Beitragszeiten als Zeiten mit Zahlung von Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen definiert. Für eine Erwerbsminderungsrente muss nach § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI eine allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt sein. Dies bedeutet, dass der Antragsteller einen Block von fünf Jahren mit anrechenbaren Zeiten zu irgendeinem Zeitpunkt erfüllt haben muss. Es spielt keine Rolle, wann diese allgemeine Wartezeit erfüllt wurde.
bb) 3 Jahre Pflichtbeiträge vor Eintritt der Erwerbsminderung
Als zweite versicherungsrechtliche Voraussetzung wird nach § 43 SGB VI gefordert, dass der Antragsteller drei Jahre Pflichtbeiträge vor Eintritt des Erwerbsminderungsfalls gezahlt hat. Es wird dabei ein Zeitraum von insgesamt fünf Jahren betrachtet. Der Zeitraum beginnt an dem Tag, für den die Erwerbsminderung festgestellt wird. Dann wird rückwirkend ein 5 Jahreszeitraum gebildet.
Beispiel: Feststellung der Erwerbsminderung durch den Gutachter am 01.08.2013. Maßgeblicher Zeitraum: 31.07.2013 bis 31.07.2008. Innerhalb dieser fünf Jahre müssen drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden sein. Der Antragsteller muss daher nachweisen, dass insgesamt für 36 Monate Pflichtbeiträge gezahlt wurden.
b) Sozialmedizinischen Voraussetzungen
Eine Rente wegen Erwerbsminderung wird nur dann gezahlt, wenn in der Person des Antragstellers gesundheitliche Einschränkungen derart vorliegen, dass Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr möglich sind. Volle und teilweise Rente wegen Erwerbsminderung unterscheiden sich im Hinblick auf den Umfang der noch möglichen Arbeitsleistung.
aa) Rente wegen voller Erwerbsminderung
Nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI wird eine volle Erwerbsminderungsrente gezahlt, wenn das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter 3 Stunden liegt.
bb) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI gezahlt, wenn das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über 3 aber unter 6 Stunden liegt.
cc) Vollschichtiges Leistungsvermögen
Unter vollschichtigem Leistungsvermögen wird die Fähigkeit verstanden, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens noch sechs Stunden täglich arbeiten zu können. Bei einem solchen vollschichtigen Leistungsvermögen kann grundsätzlich keine Rente bewilligt werden. Unter bestimmten, von der Rechtsprechung genau definierten Umständen, kann sich allerdings doch eine Rente wegen Erwerbsminderung ergeben. Hier sind vor allem die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkung und das Bestehen einer spezifischen Leistungsbehinderung zu benennen.
Hier müssen die aktuellen Entwicklungen immer in den Blick genommen werden. So wurde z.B. zur Frage einer Rente wegen Erwerbsminderung bei psychischer Erkrankung trotz unterbliebener Behandlung vom Sozialgericht Oldenburg (SG) mit Urteil vom 13.09.2017 – S 81 R 54/16 – wie folgt entschieden:
„Nicht zu folgen ist der Argumentation der Beklagten, dass eine psychische Erkrankung nicht zu einer Erwerbsminderung führe, wenn keine ärztliche Behandlung erfolgt. Diese Argumentation, bei der sich die Beklagte auf die ständige Rechtsprechung des Landessozialgerichts Bayern stützt (vgl. nur beispielhaft LSG, Urt. v. 09.04.2014 – L 19 R 426/08 mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris), vermag nicht zu überzeugen.“
3. Verfahren auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung
Eine Rente wegen Erwerbsminderung muss grundsätzlich bei der deutschen Rentenversicherung beantragt werden. Damit wird ein förmliches Verwaltungsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch X (SGB X) in Gang gesetzt. Die Entscheidung über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfolgt durch Verwaltungsakt i.S. von § 31 SGB X. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 SGB X besteht ein Anspruch auf einen schriftlichen Verwaltungsakt. Dieser ist nach § 35 Abs. 1 SGB X mit einer Begründung zu versehen. Die Begründung muss dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände beinhalten. Gegen die Ablehnung der Rente wegen Erwerbsminderung ist innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides Widerspruch möglich. Bei Zurückweisung des Widerspruchs kann Klage zum Sozialgericht erhoben werden. Bei Eintreten von neuen Tatsachen kann, trotz eines vorherigen Ablehnungsbescheides der deutschen Rentenversicherung, jederzeit ein neuer Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt werden.
(Letzte Aktualisierung: 18.12.2017)
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